Was genau ist ein Bluetooth-Kanal?
Wenn jemand von „Bluetooth-Kanal“ spricht, meint er in der Regel einen der 79 1-MHz-Slices – oder bei BLE 40 2-MHz-Slices –, die das Protokoll im 2,4-GHz-ISM-Band nutzt. Stellen Sie sich jeden Slice wie eine schmale Spur auf einer stark befahrenen Autobahn vor: Jedes Paket muss eine Spur wählen, diese für die Dauer der Übertragung beibehalten und dann möglicherweise für das nächste Paket auf eine andere Spur wechseln. Dieser Abschnitt erläutert, warum diese Spuren wichtiger sind, als den meisten Ingenieuren bewusst ist.

Von klassisch zu energiesparend: Zwei Familien, zwei Zuordnungen
Klassisches Bluetooth (BR/EDR) und Bluetooth Low Energy (BLE) belegen beide den Frequenzbereich von 2402–2480 MHz, teilen das Spektrum jedoch unterschiedlich auf. BR/EDR nutzt 79 benachbarte 1-MHz-Kanäle mit den Nummern 0–78, während BLE 40 Kanäle mit den Nummern 0–39 und einer Breite von jeweils 2 MHz nutzt. Die Überlappung ist beabsichtigt. Herkömmliche Koexistenzfilter stellen sicher, dass ein BLE-Werbesender eine BR/EDR-Sprachverbindung nicht überlastet. Fazit: Die Kanalnummerierung dient nicht nur der Buchhaltung – sie ist die erste Verteidigungslinie gegen Selbstinterferenzen.

Werbekanäle: Die Eingangstür von BLE
BLE reserviert die Kanäle 37, 38 und 39 für Werbepakete. Sie liegen bei 2402 MHz, 2426 MHz und 2480 MHz – bewusst so angeordnet, dass die drei nicht überlappenden 20-MHz-Kanäle von WLAN (1, 6, 11) vermieden werden. Stellt man sich WLAN als drei breite Lastwagen vor, so sind die BLE-Werbesender schmale Motorräder, die sich dazwischen schlängeln. Die Kanalnummerierung sorgt zudem für Redundanz: Sollte 2402 MHz durch eine Mikrowelle gestört werden, haben 2426 MHz und 2480 MHz noch eine Chance.

Adaptives Frequenzsprungverfahren: Ein bewegliches Ziel
Klassisches Bluetooth nutzt adaptives Frequenzsprungverfahren (AFH), um Störungen zu vermeiden. Das Master-Gerät verwaltet eine „Bad-Channel-Map“ und überspringt bei jedem Hop störende Kanäle. Die Map wird alle 625 µs aktualisiert, sodass ein schnurloses Telefon, das Kanal 22 nutzt, innerhalb von Millisekunden auf die schwarze Liste gesetzt wird. BLE-Verbindungen wechseln hingegen nur zwischen den 37 Datenkanälen (0–36), sodass das Werbetriplett unberührt bleibt. Das Ergebnis sind zwei unabhängige Datenströme, die selten kollidieren.

Kanalklassifizierungen: Gut, Schlecht und Hässlich
Nicht alle Kanäle sind gleich. HF-Ausbreitung, Antennenverstimmung und regulatorische Masken können einen Kanal von „gut“ auf „schlecht“ herabstufen. Nordics SoftDevice verwendet beispielsweise eine vierstufige Klassifizierung – nutzbar, unbekannt, schlecht, sehr schlecht – basierend auf Paketfehlerraten und RSSI-Histogrammen. Ein als „sehr schlecht“ gekennzeichneter Kanal kann zwar noch Daten übertragen, allerdings nur mit einem niedrigeren Modulationsindex und mit Wiederholungsübertragungen. Die Überwachung dieser Klassifizierungen im Feld offenbart oft überraschende Fehlerquellen: metallische Shelving-Kanäle, die 2440 MHz überschatten, oder ein LED-Treiber, dessen Oberwellen 2470 MHz übersteigen.

Koexistenz mit WLAN und Zigbee
WLAN-Kanäle sind 20 MHz breit und zentriert bei 2412 MHz, 2437 MHz und 2462 MHz. Platziert man einen BLE-Werbetreibenden auf 2426 MHz, liegt man genau zwischen den WLAN-Kanälen 6 und 11 – einem optimalen HF-Bereich. Zigbee hingegen nutzt 2-MHz-Kanäle ab 2405 MHz. Die Überlappung ist unvermeidlich, aber die kürzere Paketdauer von BLE (80–376 µs) bedeutet, dass Kollisionen kurz und selten katastrophal sind. Reale Spektrumanalysatoren stellen Zigbee-Cluster als dichtes „Gras“ dar, während BLE-Pakete als scharfe, einzelne Spitzen erscheinen.

Peilkanäle: BLE 5.1 ​​und darüber hinaus
BLE 5.1 ​​führte die Constant Tone Extension (CTE) auf den Datenkanälen 0–36 ein. Diese Erweiterungen ermöglichen die Berechnung des Ankunftswinkels (AoA) und des Abgangswinkels (AoD) für die Positionierung in Innenräumen im Submeterbereich. Die CTE wird nach dem CRC angehängt und belegt einen kleinen Teil des Kanals, sodass ältere Geräte sie einfach ignorieren. Fazit: Kanäle sind nicht nur Träger von Nutzdaten, sondern tragen nun auch räumliche Metadaten.

Regulatorische und zertifizierungstechnische Nuancen
Die Vorschriften variieren je nach Region. Die FCC erlaubt 20 dBm EIRP auf den Kanälen 0–78 (Classic) oder 0–39 (BLE), während Europa BLE auf 10 dBm begrenzt, außer auf den Kanälen 0–10. Die Zertifizierung eines Produkts erfordert daher kanalspezifische Leistungstabellen. Weltweit verkaufte Bluetooth-Module werden mit Firmware ausgeliefert, die die Ausgangsleistung automatisch drosselt, sobald sie ein europäisches Beacon-Paket erkennt – ein Beweis dafür, dass Kanäle mehr als nur die Frequenz bestimmen.

Fehlerbehebung bei kanalbezogenen Problemen
Wenn die Reichweite abnimmt oder die Kopplung fehlschlägt, ist der erste Diagnoseschritt ein Kanal-Sweep. Ein tragbarer Spektrumanalysator zeigt an, ob eine bestimmte Spur aufgrund eines auf Kanal 6 geparkten WLAN-Routers dauerhaft „rot“ ist oder zeitweise durch das 2,45-GHz-Magnetron einer Mikrowelle blockiert wird. Der Wechsel zu einem saubereren Kanal stellt die Leistung oft ohne eine einzige Codezeile wieder her.

Zukünftige Kanalinnovationen
Bluetooth 5.4 fügt Periodic Advertising with Responses (PAwR) hinzu, wodurch Tausende von stromsparenden Sensoren dieselben Werbekanäle synchronisiert und kollisionsfrei nutzen können. Diskussionen auf SIG-Meetings deuten auf dynamisches Channel Bonding hin – die Nutzung zweier benachbarter Spuren für einen höheren Durchsatz bei geringen Interferenzen.